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20.03.2025
Steuerrecht: Anwälte dürfen Fahrtenbuch nur teilweise schwärzen
Rechtsanwältinnen und -anwälte dürfen als Berufsgeheimnisträger ihr Fahrtenbuch nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 Einkommensteuergesetz teilweise schwärzen, um die Identitäten von Mandanten zu schützen, so das Finanzgericht Hamburg. Alle beruflichen Angaben – etwa auch Fahrten zur Kanzlei, zum Gericht oder zum Lohnsteuerhilfeverein – zu schwärzen, gehe jedoch zu weit.
Auf ein entsprechendes Urteil des FG Hamburg (Urteil vom 13.11.2024, Az. 3 K 111/21) weist die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hin.
Finanzamt: Zu umfangreiche Schwärzungen, kein ordentliches Fahrtenbuch
Steuerrechtlich ging es in dem Fall um die Frage, wie der Wert eines sowohl privat als auch beruflich genutzten Pkw zu berechnen war. Der Anwalt wollte anhand eines Fahrtenbuchs darlegen, dass er in verschiedenen Jahren zwischen 6 und 8 % privat gefahren sei. Er legte hierzu ein Fahrtenbuch dar, welches sehr umfangreiche Schwärzungen der Spalten »Fahrtstrecke« sowie »Grund der Fahrt/besuchte Person« zu allen beruflichen Fahrten enthielt – mit der Argumentation, er müsse als Berufsgeheimnisträger nach § 43a Abs. 2 BRAO und § 203 StGB die Identität seiner Mandantinnen und Mandanten schützen. Teilweise hatten diese Fahrten auch am Wochenende stattgefunden.
Das Finanzamt erkannte das Fahrtenbuch nicht an und berechnete den Wert der privaten Nutzung im Einkommensteuerbescheid stattdessen nach der sog. 1%-Methode. Dabei ist monatlich nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für die private Nutzung 1 % des inländischen Listenpreises bei der Erstzulassung anzusetzen. Abweichungen von dieser grob typisierenden Methode kann der Steuerpflichtige nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG unter Vorlage eines Fahrtenbuchs begründen. Wegen der zu umfangreichen Schwärzungen habe der Anwalt hier aber kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt, so die Argumentation des Finanzamts. Mit seinem Einspruch dagegen hatte der Anwalt keinen Erfolg, mit seiner Klage nun ebenfalls nicht.
Anwältinnen und Anwälte dürfen Fahrtenbuch nur in Maßen schwärzen
Für ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch brauche es laut FG Hamburg normalerweise genaue Angaben zu den geschäftlichen Reisen mit dem Datum, Fahrtzielen, den jeweils aufgesuchten Geschäftspartnern bzw. konkreten Gegenstand der beruflichen Verrichtung. Dabei sieht das FG aber auch eine Pflichtenkollision aufgrund der Verschwiegenheitspflicht eines Rechtsanwalts, die sich auch auf die Identität des Mandanten und die Tatsache seiner Beratung erstrecke. Berufsgeheimnisträger dürften das Fahrtenbuch daher teilweise schwärzen, soweit diese erforderlich sind, um die Identitäten von Mandantinnen und Mandanten zu schützen.
Doch die Schwärzungen müssen dabei auf das erforderliche Maß beschränkt bleiben, um Rückschlüsse auf die Identitäten von Mandantinnen und Mandanten zu vermeiden, so das FG weiter. Die Schwärzungen dürften sich aber nicht auf Daten erstrecken, die nicht der Verschwiegenheitspflicht unterliegen: Dies umfasse alle Ortsnamen, Fahrten in die eigene Kanzlei oder Fahrten zu Behörden, wenn zu diesen kein Mandatsverhältnis bestehe und die Bezeichnung des Gerichts bei Gerichtsterminen. Keine Schwärzungen dürften schließlich vorgenommen werden, wenn der betroffene Mandant auf die Geheimhaltung seiner Identität verzichtet habe.
Die Berechtigung, einzelne Einträge zu schwärzen, ändere zudem nichts an der grundsätzlichen Beweislastverteilung. Das Gericht müsse sich weiterhin die volle Überzeugung verschaffen, dass das Fahrtenbuch vollständig und richtig ist. Gegebenenfalls müsse der Berufsträger substantiiert und nachvollziehbar darlegen, weshalb Schwärzungen in dem erfolgten Umfang erforderlich waren, und die berufliche Veranlassung der betroffenen Fahrten durch ergänzende Angaben darlegen.
Anwalt hatte fast alles Berufliche geschwärzt
Der Anwalt hatte hier allerdings die gesamte Spalte »Grund der Fahrt, besuchte Firmen/Personen« bei fast allen geschäftlichen Fahrten nahezu vollständig geschwärzt. Dies genüge den Anforderungen an ein Fahrtenbuch nicht mehr, so das FG. Die Schwärzungen nahezu einer gesamten Spalte umfassten hier auch Daten, die erforderlich seien, um die materielle Richtigkeit des Fahrtenbuchs prüfen zu können.
Abschließend gibt das FG dem Anwalt noch den Hinweis mit auf den Weg, wie er die Einträge ins Fahrtenbuch von vornherein besser hätte organisieren können: So hätte er vorher darauf achten können, der Verschwiegenheitsplicht unterfallende Daten nur dann in das Fahrtenbuch einzutragen, wenn dies erforderlich ist. Außerdem könnten geschützte Daten bereits beim Eintragen markiert werden. Immerhin hätte er die 460 Eintragungen im Nachhinein einzeln prüfen und nur das Nötige schwärzen können.
Das FG hat die Revision zugelassen, da die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Berufsgeheimnisträger zum Nachweis des Verhältnisses von privaten Fahrten zu beruflich veranlassten Fahrten ein geschwärztes Fahrtenbuch vorlegen können, grundsätzliche Bedeutung habe.
BRAK, Mitteilung vom 25.02.2025 zum Urteil 3 K 111/21 des FG Hamburg vom 13.11.2024